"Burg" bei Missunde


 Kielfoot,  Burg und Missunde

Seit dem Frühen Mittelalter waren immer wieder Maßnahmen getroffen worden, den Schleiübergand bei Missunde (genau dort, wo auch heute noch die Fähre verkehrt) zu festigen und auch zu befestigen. Westlich vom Missunder Fährhaus, am Nordufer der Schlei, gibt es eine Anhöhe, die zur Schlei hin steil abfällt. Dieser Bereich gehört zur Gemeinde Brodesby und heißt "Burg".  

      
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Übersichtkarte Burg (siehe auch Übersichtskarte - Kielfoot)

Nach alten tradierten Aufzeichnungen hat es dort tatsächlich eine Wehrburg gegeben, errichtet von Knud Laward um 1120. Er soll die Anlage zur Abwehr gegen die Wenden gebaut haben. Was allerdings dann weiter mit dem Wehr passierte ist nicht bekannt.

Der Nordrand des Plateaus Von Burg war später durch den sogenannten ,,Margarethenwall" gesichert, benannt nach der dänischen Königin. Hiervon sind aber nur noch Teilstücke vorhanden. Wenn man sich die Größe der Anlage einmal genauer ansieht, wird man sich eingestehen müssen, dass es sich hier nicht unbedingt um eine Wehranlage sondern eher um eine Burg gehandelt haben muss.

Für eine Wehranlage scheint die Fläche zu groß zu sein. Dort, wo man die Wallfront annimmt, ist die Anlage sicher zu lang als daß hier eine Sperranlage gelegen haben könnte. Auch fehlen hier auf der Oberfläche Scherben oder ähnliche Zeichen einer ehemaligen Besiedelung. Die beherrschende Lage lässt allerdings auf eine Besiedelung schließen.

Wir werden hier für die Schlei wohl ein ähnliches Postensystem vermuten dürfen, wie es Eben und Truso es für denkbar hielten.

Der Pastor Ewaldsen, der nach der Niederlage der Schleswig - Holsteiner im Jahre 1851 sein Pfarramt in Brodesby antrat, schrieb bei der Schilderung der hiesigen Gemarkung folgendes in die Kirchenchronik:

"Eine völlige Ausnahme hinsichtlich der Terrainverhältnisse zeigt die südliche Spitze des Kirchenspiels, Burg genant. Sie bildet ein abgesondertes Plateau, dessen sandiger Rücken ein irreguläres Viereck aufweist, das an Formation und Bonität weit mehr Ähnlichkeit mit dem Süden der Schlei liegenden Missunder und Wesebyer Dorffeld hat als mit dem Angeln. Da im Norden des Plateaus von der Großen Breite bis an das Missunder Fährhaus und nach Erihshuus (1864 abgebrannt) sich noch ein Wiesenstich vorfindet, ist anzunehmen. Das dass Burg in altere Zeit eine Insel gewesen ist, was auch eine alte, in den letzten Jahren verlorengegangene Chronik ausdrücklich behauptet (Chr. Kock, Volks- und Landeskunde, Seite 607)."

Burg war einst eine Insel, zumindest aber von drei Seiten mit Wasser umgeben und gegen Norden durch einen alten Wall scharf begrenzt. Der Name "Margarethenwall" wird auf "de swarte Gret", d. h. die Königin Margaretha Sambiria (t 1283), Witwe des Dänenkönigs Christopher 1. die bekanntlich in der schleswigschen Volkssage eine bedeutende Rolle spielt, zurückgeführt.

Diese Volkssage berichtet, dass Margaretha wegen ihrer Liebe zu Pferden auch "Margatetha Springhest" genannt wurde. Sie ließ die Elbe mit langen Pfählen und einer großen Kette sperren, so dass niemand hinaus oder herein konnte. Weiter heißt es hier, dass sie auch den Kieler und den Flensburger Hafen versperren und "die Schlei ruiniert" (vielleicht bei Burg ?). Dazu weist Ewaldsen daraufhin, dass:

.....Jedoch ist dieser Wall gewiss älter, da es in einer alten Chronik heißt, dass die Königin den Wall wiederherstellte ebenso wie bei dem Dannevirke und dem Osterwall. In diese Zeit, als die letzten Werke angelegt wurden, scheint der Margarethenwall nicht zu gehören, weil jene Werke gegen Süden gerichtet sind, dieser aber nach Norden.

Zitat:

"Außer Grabdenkmälern findet man in fast allen Gegenden Deutschlands noch Zeugen vorgeschichtlicher Zeit, welche Räuberburg, Bauernburg, Burgberg, Burgwall oder Ringwall genannt werden. Während man sie im Binnenland den Riesen zuschreibt, und deshalb häufig ,,Riesenburg" nennen, glaubt man an der Wasserkante sie mit Seeräubern in Verbindung bringen zu müssen. Man meint, die Bevölkerung habe sich hierher von den Seeräubern geflüchtet (Prof. Dr. Marks, Volks- und Heimatkunde SH, Seite 60) ."

Margaretha hatte sicher auch allen Grund dazu, schließlich wurde unsere Region im 11. Und 12. Jahrhundert immer wieder von den Wenden bedroht. Ob die Wenden wirklich an der Schlei sesshaft werden konnten ist zwar fraglich, aber nicht unbedingt von der Hand zu weisen. Die Ortsnamen Pommerby = "pro morn" = "am Meer", und Promoi beweisen dies. Auseinandersetzungen mit den Wenden gab es immer wieder. Am 28. Sept. 1043 kam es zur großen Schlacht auf der Lürschauer Heide.

Hier heißt es:

"Eine Raste weit lag die Heide mit Leichen flüchtiger Wenden bedeckt. Die Wasserläufe waren derart mit Leichen gefüllt, daß das Wasser stockte und die Christen trockenen Fußes hin durchgehen konnten."

In dieser Schlacht sollen 15.000 Wenden erschlagen worden sein. Herzog Knud Lavard kämpft 7 Jahre später gegen den Wendenkönig Heinrich. In der Verschanzung "nahe vor Schleswig" die er erbaut hatte, überfällt er ihn. Der Wendenkönig überquerte zu Pferde die Schlei. Es kann sich hier nur um eine schmale Stelle der Schlei handeln wie etwa Palörde oder Missunde, also in unmittelbarer Nähe von "Burg". Danach fing er an für Ordnung zu sorgen. Wüste Banden wurden durch den Galgen gerichtet. Es ist somit verständlich, dass die Bevölkerung die Sicherheit einer rettenden Burg als Zufluchtsort bei Gefahr wusste.

Geht man zurück in das 9. und 10. Jahrhundert, könnte eine These die Entstehung der Schleifeste "Burg" erklären. Philipsen (Hamburg) ist der Meinung, dass Burg der Stützpunkt einer ehemaligen Wikinger - Dynastie gewesen ist die ihren Sitz in Haithabu hatte.

Er schreibt weiter:

Nach Ewaldsen war "Burg" bis etwa 1830 fast unberührt, eine eingehende und groß angelegte Untersuchung wäre durchaus gerechtfertigt. Eine weitere Unterlage finden wir in den "annales Ryenses", die bekanntlich im 13. Jahrhundert im Rüde - Kloster (dem heutigen Glücksburg) verfasst sind, findet sich in Kapitel 90 eine Stelle, die von König Sven Gabelbart handelt und von hier behauptet, er habe:

"sein Recht zurückerhalten von dem bei Mesund gefallenen Könige Norwegens, der sein Reich in Besitz genommen hatte."

In dieser Fassung enthalten die ,,Monurnenta Germaniae historica" (Tom. XVI pag. 392) den Chronikbericht. In anderen, vermutlich jüngeren Handschriften der Chronik, die in dänischen Klöstern hergestellt sind, ist aus "Mesund" "Oeresund" gemacht worden. Den Grund können wir heute leider nicht mehr erfahren. Wichtig scheint mir für den vorliegenden Zweck auch nur das zu sein, dass der einheimische Mönch sich in Missunde auskannte um mit den geschichtlichen, hier vom Volke lebenden Erinnerungen Missunde als Kampfplatz her kannte, wo Sven Gabelbart mit den ihm feindlichen Wikingern zusammenentstieß.

Demnach erhält die Belagerung Haithabus, von der die Runensteine melden, eine neue und wichtige Bedeutung, die wir uns folgendermaßen denken dürfen: Der König Sven (985 - 1014) kam mit seinem Heer in Booten direkt aus England kommend in die Schlei hinein. Vor Missunde wird er sein Heer sicher geteilt haben weil er hier auf eine erhebliche Gegenwehr stoßen würde. So zogen Erik, sein Steuermann, und Skartha landeinwärts um das Wehr zu umgehen, der König persönlich griff Missunde an. Wie wir wissen, wurde Sven vor Haithabu getötet.

Der König ließ daraufhin einen Runenstein mit folgender Inschrift aufstellen:

"Thurlf, Svens Heimgenosse, errichtet diesen Stein nach Erik, seinem Gefährten, der Starb, da die Männer saßen um Haithabu. Er aber war Steuermann, ein sehr guter Mann."

Die Inschrift des Skartha - Steins lautet:

"Sven, der König, setzte diesen Stein nach Skartha seinem Heimgenossen,
der war gefahren westwärts, aber nun starb er bei Haithabu."

Die nächste für eine Sperranlage der Wikinger in Betracht kommende Möglichkeit wäre noch die Halbinsel Palörde, die zwischen Füsing und Stexwig von Norden her weit in das Fahrwasser hinein vorspringt und vielleicht einmal eine Insel war. Die Theorie wird durch den Fund der Reste einer riesigen Sperranlage an dieser Stelle untermauert. Hierzu sind allerdings auch Grabungen der Anlage "Burg" nötig um Zusammenhänge zu erkennen.

Das ganze Mittelalter hindurch blieb "Burg" ohne öffentlichen Verkehrsweg nach Brodesby oder Missunde. Nach der Einkoppelung mussten die Burger Kätner allerhand Hecktore öffnen und schließen, wenn sie mit dem Fuhrwerk ins Dorf wollten. Erst als 1899 das Kaisermanöver auf dem Plateau stattfinden sollte, wurde hier Abhilfe geschaffen. So ist es nicht verwunderlich, dass der Name nie in Vergessenheit geraten ist. In den Kriegswirren. des 15. Jahrhunderts taucht er wieder auf, als der Dänenkönig Erich von Pommern dem Schauenburger Herzog Heinrich von Schleswig sein Land streitig machen wollte.

Prof. Jankuhn schreibt zu der Übernahme von Ewald Hoff durch König Erich im Jahre 1415 über "Burg" und den Margarethenwall:

"Während Ewaldsen darin eine Schutzanlage Waldemars I. vermutet, die erbaut war, um Vorgänge wie die Plünderung der Nowgoroder Schiffe durch Sven Grathe (1151) unmöglich zu machen, sah Lorenzen (De sydslesviske Befästningsvaerker i og fra Oldtiden og Middelalderen. Aarboger 1859) darin eine Schleisperre aus der Zeit Erich von Pommern."

Im Jahre 1426 war die Flotte des Dänenkönigs wieder in die Schlei eingelaufen. Sie hatten um Schleswig eine "lange Reihe von Schanzen und Bollwerken" errichtet. Zu den letzteren mögen wohl auch Palörde und Burg benutzt worden sein. Als aber 1427 die Flotte der Hansestädte Lübeck, Hamburg, Wismar, Rostock, Stralsund und Lüneburg dem Herzog Heinrich zu Hilfe eilten, räumte König Erich alle Schleibefestigungen.

Wie oft aber mag noch "Burg" mit ihrem Dorngestrüpp für unsere Ahnen ein Schlupfwinkel gewesen sein, als während des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1627 "viel fremdes Fußvolk" über die Schlei setzte, als Wallenstein bis vor Schloß Gottorp gelangte, als 1644 die Schweden unter Wrangel und Torstenson "Drangsal und Plünderung über die Schlei brachten". Nicht ohne Grund heißt hier ein Flurname der Gemarkung Brodesby "Wüstenberg".

Nach dem Friedensschluss von 1648, als die Gesandten zu Münster und Osnabrück den letzten Punkt unter die Verhandlungen gesetzt hatten, glaubte die Bevölkerung für lange Zeit endlich Ruhe zu finden.

Aber schon 9 Jahre später begann ein neues Morden und Brennen. Mit 9.000 Reitern und etwa 4.000 Mann Fußvolk zog der Schwedenkönig Karl X. Gustav nach der gewonnenen Schlacht bei Warschau im Jahre 1657 gegen den König von Dänemark vor.

Es waren kriegsgewohnte, abgehärtete Regimenter, die nach langer Entbehrungszeit und durch ihr verwildertes Aussehen endlich Erholung vom polnischen Feldzug suchten und hier randalierten, zerstörten und vergewaltigten. Es waren nicht nur schwedische und deutsche Soldaten sondern auch Türken, Tataren und Kosaken verstärkten zusätzlich die Truppe.

Das Missunder Fährhaus ist damals "durch vorgewesenen Krieg", wie es in einem Bericht des Herzogs Christian Albrecht heißt, "mit den dazugehörigen Gebäuden dergestalt ruiniert und verdorben, dass die Einrichtung ein großes erfordern wird."

Ähnliche Unruhen brachte der "Nordische Krieg" (1700 - 1720) als über "400 Wagen item Artillerie" hier über die Schlei gingen.

Selbst im 19. Jh. wurde hier dreimal gekämpft:

23. April. 1848
12. Sept. 1850
2. Febr. 1864
(siehe auch Missunder Prahm  und Ornumer-Mühle)

Jedes Mal wurde Burg als Zufluchtsort aufgesucht. So heißt es von den Besuchern des Fährhauses: "Als die preußischen Flinten das Fährhaus trafen, machte sich die Hausbesatzung aus dem Staube. Umpfiffen von Kugeln, eilten sie nach Burg hinauf." Hier trafen sie auf weitere Dorfbewohner.